Es sind – zum Teil großformatige – Aquarelle, doch als Aquarelle sind die Blätter nur sehr unzureichend beschrieben. In diesen Arbeiten wird ein raffiniertes Spiel betrieben, ein Spiel mit den
Farben, ein Spiel mit dem Untergrund des Bildträgers, der Wellpappe, ein Spiel mit der Komposition.
Selbstverständlich und souverän nimmt Bernhard Guski die Tradition der Aquarelltechnik auf. Es war Emil Nolde, der in seinen kleinformatigen Aquarellen Spontaneität und Bildhaftigkeit zu
unverkennbaren Kennzeichen seiner Kunst gemacht hat. In seinen großformatigen Landschaftsaquarellen greift Bernhard Guski diese Elemente auf. Eindrücke, Impressionen aus dem eigenen Lebenskreis –
auch dies erinnert an Nolde – sind, wenn man so will, das Ausgangsmaterial für seine bewegten, phantastisch aufblühenden, manchmal drohenden Landschaften, die unmittelbar in Farbe umgesetzt
werden.
Sowohl die komplementären Farbkontraste als auch der einheitliche Klang in der Farbvalenz wirken – bedingt durch die Pinsel-, Schabe- und Verwischtechnik – sehr suggestiv und expressiv, setzen mitunter sehr dramatische Akzente in einer einfachen Ordnung. In den Farblandschaften herrscht eine Komposition, die allein durch die Farbe eine sehr malerische Note erhält und dafür sorgt, dass die Konturen beispielsweise der Horizontlinie zwischen Himmel und Erde aufgelöst werden. Die Bildwirkung von großer Suggestivität ist sicher auch ein Ergebnis der Spontaneität und Direktheit des Malvorganges, die auch in diesen großen Formaten erhalten bleiben.
Bernhard Guski schafft keine Abbilder der Natur. Die Natur ist für Bernhard Guski aber auch nicht nur der große, unendliche Projektionsraum innerer Erfahrungen, in dem Lebensmächte und Lebenskräfte sich hemmungslos austoben. Vergeblich sucht man nach dem unkontrollierten Glühen oder Leuchten von Farben wie es für Nolde typisch ist. In den Bildern Bernhard Guskis findet man vielmehr ein raffiniertes Spiel mit der Struktur des Bildträgers, der zwischen der Farbe und den sichtbaren Pinselstrichen teils unvermittelt, teils eingebunden hervorscheint und den Bildeindruck immer wieder unterbricht und aufbricht. Wir stoßen auf Strukturen, die wie Fremdkörper wirken, die die Emotionalität des Malvorganges genauso wie die der Bildbetrachtung immer wieder unterbrechen und Gefühl und Vernunft im Natur- und Bild-Erleben gleichsam miteinander in Beziehung setzen.
Einen weiteren Unterschied zum klassischen Aquarell machen in den Farblandschaften von Bernhard Guski die verschiedenen, übereinandergelegten Aquarelllasuren aus. Die Unmittelbarkeit und Direktheit jedes einzelnen Malvorganges bleiben erhalten und werden gleichsam überführt und eingebunden in einen länger währenden Schaffensprozess, der etwas völlig Neues hervorbringt. Das Aquarell ist am Ende nicht mehr die klassische Farb- oder Vorstudie für eine größere Malerei, sondern eine völlig autonome künstlerische Ausdrucksform, die den Betrachter auf ganz verschiedenen Wegen in ihren Bann zieht und zu einer Verschränkung von Gefühl und Verstand, von Emotionalität und Refl ektion verführen kann.
Bildende Kunst und Theater stehen seit der Antike in einem besonderen Verhältnis. Wenn sie sich untereinander zum Thema machen, reflektieren sie ihr aktuelles Verhältnis stets in besonderer
Weise.
Die Kunst hat sich dabei immer wieder des Theaters und seiner Formen bemächtigt, und im Theater sind Räume, Bilder und Zeichen inszeniert worden, die in der Kunst wiederum refl ektiert worden
sind.
Auch Bernhard Guski sucht in seinen Aquarellen und Zeichnungen den – wenn man so will imaginären - Dialog mit dem Theater; ihn interessieren dabei nicht primär Figuren und ihre Geschichten auf der Bühne, sondern das Theater als Ort der Zusammenkunft, als Treffpunkt, als Ort des Austauschs, der auf besondere Weise die Singularität und Individualität des Einzelnen in der Gruppe spiegeln kann.
Entstanden sind Werke, in denen teils frei, teils im Anschluss an besuchte Veranstaltungen, Strategien des eigenen künstlerischen Konzepts auf das Theaterleben und das Theatererlebnis angewendet wurden. Die großformatigen Aquarelle erinnern im Aufbau an Gebäudequerschnitte durch Theaterhäuser, wie sie aus Radierungen und Zeichnungen von Konzert- und Opernhäusern des 19. Jahrhunderts oder aus Architekturzeichnungen bekannt sind. Nicht technische Details oder maßstabgerechte Proportionsstudien sind dabei entstanden, vielmehr schaffen großflächige Pinsel- und Rakelzüge Aufenthaltsräume und Kammern unterschiedlicher Größe, die von bunten Figurenhaufen bevölkert werden. Die in der Gestalt an menschliche Wesen erinnernden Figuren unterscheiden sich in ihrer Farbe und ihrer Form voneinander. Zusammen bilden sie ein buntes Konglomerat, das sich – im künstlerisch-gestalterischen Sinn – im Zustand der Ausdünnung befindet.
Ausdünnung wird dabei verstanden als das aus anderen Arbeiten bekannte Gestaltungsverfahren des Bildhauers Bernhard Guski, bei dem das körperliche Volumen auf zeichenhaft anmutende Elemente
reduziert wird. Interessanterweise beschwört diese „Ausdünnung“ als bekanntes Reduktions-, Abstraktions- und Konzentrationsverfahren im Falle der Theaterbilder nicht den Eindruck der Auszehrung
herauf. Die bunte Menge wird vielmehr als ein Paradoxon inszeniert, obwohl jedes einzelne Individuum reduziert, d.h. entkörperlicht ist, ist es in der Menge noch immer als ein expressives Wesen
erkennbar:
einmalig und unverwechselbar in Farbe, Gestalt und Ausdruck. Guskis Theaterbilder erzählen vom bunten Miteinander, vom heiteren Austausch, vom farbfrohen Einzelnen in der Masse, der vom
Theaterabend oft nur in Erinnerung behält, dass er auch da war.